MORITZ - Modulares Risk-Management durch Technologie-Analyse zur Versicherung stationärer Gasturbinen (Richard Grunke) | ||||||||||||||||||
Teil 1 - Grundlagen | ||||||||||||||||||
2. Maschinenspezifische Risiken | ||||||||||||||||||
ergeben sich - ohne besondere äußere Einflüsse - unmittelbar aus den in der
Gasturbine vorhandenen Technologien, also Konstruktionsweisen, Werkstoffen,
Herstellverfahren usw. Dabei handelt es sich überwiegend um Technologien, die entweder
absolut neu sind, oder aus Flugtriebwerken stammen und im Bereich der Stationären
Gasturbinen neu eingeführt wurden. Die Technologien und ihre Risiken - einschließlich Reparaturrisiko - werden, nach Baugruppen geordnet, beschrieben. Schwerpunkte sind die Heißteile von Brennkammer und Turbine, die die schadensträchtigsten Baugruppen einer Gasturbine darstellen. Eine Gruppe solcher Technologien aus dem Turbinenteil, die direkt mit der Turbineneintrittstemperatur TIT (Turbine Inlet Temperature) verknüpft sind, können - je nach den vorliegenden Umständen - entweder einzeln betrachtet oder, über TIT, zusammengefaßt und indirekt berücksichtigt werden (siehe 2.2.2 ). | ||||||||||||||||||
2.1 Brennkammer In konventionellen Gasturbinen sind Brennkammern relativ einfache und unproblematische Bauteile. Vor allem durch Konzepte zur Schadstoffreduzierung wurden daraus komplexe, teuere und schadensträchtige Baugruppen mit ebensolcher Peripherie. Brennkammerschäden sind deshalb so gefährlich, weil sie umfangreiche Folgeschäden in der Turbine bewirken können:
Wasser-/Dampfeindüsung zur Schadstoffreduzierung wird derzeit nicht als risikoerhöhend eingestuft. | ||||||||||||||||||
2.1.1 DLE-Brennkammer Andere Bezeichnungen: Dry Low Emission DryLowNOx Trockene Vormischverbrennung Durch die Magerverbrennung reagiert die Flammstabilität äußerst empfindlich auf Veränderungen im Brennstoff-Luft-Verhältnis. Risiken
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2.1.2 Wasser-/Dampfeindüsung zu Leistungssteigerung Andere Bezeichnungen: STIG Steam Injected Gas Turbine Cheng Cycle (Dampfeindüsung) HAT Humid Air Turbine Im Gegensatz zur Wasser-/Dampfeindüsung zur Schadstoffreduzierung werden hierbei wesentlich größere Mengen eingedüst. Risiken
Wasser-/Dampfeindüsung wird häufig zum uprating verwendet und ist dann besonders problematisch, wenn die Maschine nicht für die erhöhten Beanspruchungen ausgelegt ist:
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2.2 Turbine
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2.2.1 TIT- verknüpfte Risiken Die Turbineneintrittstemperatur TIT ist die wesentlichste Kennzahl zur Chakterisierung der Technologie einer Gasturbine. Hier liegen einerseits die größten Chancen - eine Steigerung von TIT von 40°C steigert die Leistung um 10% und den Wirkungsgrad um 4% - aber auch die größten Gefahren: Eine Erhöhung der Materialtemperatur um nur 15°C kann die Bauteillebensdauer halbieren. In den letzten 20 Jahren stieg die maximale TIT von ca. 800°C auf ca. 1300°C. Dies wurde durch Fortschritte bei Werkstoffen, Schutzschichten und Kühlkonzepten ermöglicht - und auf Kosten der Lebensdauer. Die in diesem Abschnitt beschriebenen Technologien sollen möglichst hohe TIT bei möglichst geringem Kühlaufwand (der Leistung und Wirkungsgrad verschlechtert) ermöglichen. Außer der Dampfkühlung wurden alle Technologien für militärische Flugtriebwerke - mit extrem kurzen Lebensdauern - entwickelt, später in zivilen Flugtriebwerken und zuletzt im stationären Bereich übernommen. | ||||||||||||||||||
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2.2.1.1 Gerichtet erstarrte Schaufeln Andere Bezeichnungen: Directional Solidified, DS Bei diesem Schaufeltyp liegen die Korngrenzen im Metallgefüge, die Schwachstellen darstellen, parallel zur Schaufellängsachse und werden deshalb durch Fliehkräfte wenig belastet. Risiken:
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2.2.1.2 Einkristall-Schaufeln Andere Bezeichnungen: Single-Crystal, SC Diese Schaufeln bestehen aus einem einzigen Kristall ohne Korngrenzen. Risiken:
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2.2.1.3 Hochtemperatur-Korrosions-Schutzschichten Andere Bezeichnungen: HTK-Schutzschichten Heißgasschutzschichten Aus der Vielzahl von Schichten und ihrer Bezeichnungen seien hier nur die wichtigsten genannt: Aluminium-Diffusionsschutzschichten, Chromierschichten, MCrALY-Schichten (M steht für Nickel oder/und Kobalt), PtAl-Schichten. Schutzschichten wurden notwendig, weil die Werkstoffe der Heißteile in Richtung Warmfestigkeit optimiert wurden und dadurch an Oxidations-/ Korrosionsbeständigkeit einbüßten. Diese Entwicklung ist bei Laufschaufeln abgeschlossen, bei Leitschaufeln im Gange. Risiken (Auswahl):
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2.2.1.4 Keramische Wärmedämmschichten Andere Bezeichnungen: WDS Thermal Barrier Coating TBC Thermobarriere Keramikspritzschicht Zirkonoxidschicht Aufgebaut aus einer Haftschicht auf MCrALY-Basis und einer darüberliegenden keramischen Deckschicht. Durch die wärmeisolierende Wirkung der Keramik wird der Wärmeübergang in die beschichteten Bauteile vermindert und dadurch die Bauteiltemperatur abgesenkt bzw. der Kühlluftbedarf reduziert. Schichten unter 0,2 mm Dicke und auf konkaven Formen (Flammrohre, Überleitstücke) sind haltbarer als dickere Schichten bzw. Schichten auf konvexen Oberflächen (Leitschaufeln).Aufgedampfte Schichten sind haltbarer als Spritzschichten. Risiken:
Derzeit werden Wärmedämmschichten nicht als risikoverschärfend betrachtet,wenn sie
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2.2.1.5 Schaufelkühlung allgemein Luftgekühlte Leit- und Laufschaufeln sind die Grundlage moderner Gasturbinentechnik. Gegenüber ungekühlten Schaufeln haben sie aber auch gravierende Nachteile:
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2.2.1.6 Dampfkühlung der Leit- und Laufschaufeln hat vielversprechende Vorteile beim Vorstoß in TIT-Bereiche um 1400° C. Diese Technologie wurde direkt für Stationäre Gasturbinen entwickelt, ohne vorherige Optimierung in Flugtriebwerken. Risiken:
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2.2.2 TIT als Bezugsgröße Aus verschiedenen Gründen kann es vorkommen, daß die obengenannten TIT-abhängigen Technologien nicht einzeln beurteilt werden können, z.B. wenn die erforderlichen Informationen nicht vorliegen oder unter Zeitdruck. Über die Höhe der TIT kann jedoch auf das technologische Niveau rückgeschlossen werden:
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2.2.3 TIT- unabhängige Risiken betreffen Technologien, die nicht auf eine möglichst hohe TIT abzielen. | ||||||||||||||||||
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2.2.3.1 Dampfeindüsung in die Turbine dient der Leistungssteigerung (bis 30 %) und Wirkungsgradverbesserung, vor allem bei Teillast. Risiken:
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2.2.3.2 Hohlgegossene Niederdruck-Turbinenschaufeln Die Hohlräume dienen nicht der Schaufelkühlung, sondern der Gewichtseinsparung. Risiken:
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2.3 Sonstige Risiken
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2.3.1 Titanbauteile im Verdichter dienten ursprünglich der Gewichtsersparnis in Flugtriebwerken und sind in Aeroderivativen weit verbreitet. Neuerdings werden Titanbauteile auch in rein Stationären Gasturbinen verwendet. Risiko:
Die Bedingungen für die Entstehung von Titanfeuer sind äußerst komplex. Erhöhtes Risiko besteht grundsätzlich bei:
Titanlegierungen mit hohem Aluminiumgehalt, z.B. Ti6AL4V sind weniger gefährdet. Spezielle Schutzschichten, z.B. auf Aluminium- oder Keramikbasis, können Titanfeuer eindämmen bzw. verhindern. | ||||||||||||||||||
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2.3.2 Sequentielle Verbrennung Andere Bezeichnungen: Sequential Combustion Zwischenverbrennung Nach der ersten Turbinenstufe folgt eine zweite Brennkammerstufe, wodurch relativ hohe Leistung und Wirkungsgrade bei relativ niedriger TIT erreicht werden. Die Technologie wurde direkt für Stationäre Gasturbinen entwickelt, ohne vorherige Optimierung in Flugtriebwerken. Risiken:
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2.3.3 Gasturbinen in Verbindung mit Kohle-, Schweröl- oder Rückstandsöl-Vergasungsanlagen Andere Bezeichnungen: IGCC Integrated Gasification Combined Cycle PFBC Pressurized Fluidized Bed Combustion CGCC Coal Gasification Combined-Cycle CCCS Clean Coal Combustion System Prenflo - Verfahren Zu den verschiedenen Vergasungskonzepten gibt es inzwischen in mehreren Staaten Versuchsanlagen und Prototypen. Die so gewonnenen Brenngase können - je nach Verfahren - extrem erosive/korrosive Bestandteile enthalten. Risikoanalyse und -bewertung müssen die gesamte Anlage mit einbeziehen. Eine Risikobewertung allein mit MORITZ ist derzeit nicht sinnvoll. | ||||||||||||||||||
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